„Das Pferd ist doch größer als ich!“
Wenn du selbst kein „Pferdemädchen“ warst, kennst du vielleicht das Gefühl: Dein Kind liebt Pferde – aber du stehst neben dem Reitplatz, das Herz schlägt dir bis zum Hals und du fragst dich leise, wie du mit diesem riesigen Tier umgehen sollst. Geht das nur mir so? dachte ich oft.
Denn ja, ich gebe es offen zu: Ich hatte Angst vor Pferden. Nicht panisch, aber respektvoll-distanziert. Und dann kam meine Tochter mit ihrem Wunsch nach Reitstunden – und alles änderte sich.
In diesem Artikel erzähle ich dir, wie ich meine Ängste Stück für Stück abgebaut habe, warum das nicht nur meinem Kind, sondern auch unserer Beziehung geholfen hat – und was du tun kannst, wenn du dich ähnlich fühlst.
Mehrwert: Ängste verstehen – und liebevoll damit umgehen
1. Warum Pferdeangst völlig okay ist
Pferde sind groß, stark und unberechenbar – jedenfalls wirken sie so auf den ersten Blick. Wenn du keine Erfahrung mit ihnen hast, ist dein mulmiges Gefühl absolut nachvollziehbar. Angst ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Schutzmechanismus. Doch wenn dein Kind sich mit strahlenden Augen an das Pony schmiegt und du innerlich zusammenzuckst, entsteht ein Spagat zwischen Elternliebe und persönlicher Unsicherheit.
Was hilft:
- Nimm deine Angst ernst, aber nicht zu wichtig.
- Sprich offen darüber – mit deinem Kind oder anderen Eltern.
- Versteck dich nicht hinter deinem Smartphone im Stall – beobachte, lerne, stell Fragen.
2. Wissen nimmt die Angst – meist
Ich habe gemerkt: Je mehr ich über Pferde wusste, desto kleiner wurde meine Angst. Wie kommunizieren Pferde? Warum wackeln sie mit den Ohren? Was bedeutet es, wenn sie mit dem Huf scharren?
Viele meiner Sorgen kamen aus Unwissenheit. Ich stellte mir vor, das Pferd könnte plötzlich ausschlagen oder losgaloppieren. Doch mit jedem Reitstundenbesuch lernte ich mehr. Das machte aus einem vagen Bedrohungsszenario ein verständliches Tierverhalten.
Mein Tipp: Frag im Stall nach einer kleinen Einführung. Viele Reitschulen bieten Eltern-Schnupperstunden an – auch fürs Putzen und Führen.
3. Körperlich dabei sein – aber emotional in deinem Tempo
Du musst nicht gleich das Pferd selbst satteln oder führen. Aber: Dabeisein hilft. Das Pferd aus der Nähe zu sehen, den Stallgeruch einzuatmen, zu beobachten, wie andere damit umgehen – all das baut Vertrauen auf.
Ich begann klein: Zuerst hielt ich Abstand. Dann streichelte ich ein Pony über den Hals. Irgendwann durfte ich mal mit zum Führen gehen. Heute helfe ich beim Putzen – und ja, ich liebe diese Minuten inzwischen genauso wie meine Tochter.
Eigene Erfahrungen: Vom Zurückweichen zum Mutwachsen
Ich erinnere mich an eine Szene, die mir heute fast peinlich ist: Mein damals 7-jähriges Kind führte „ihr“ Pony aus der Box – und ich stand wie angewurzelt daneben, unfähig zu helfen. Ich hatte das Gefühl, das Tier könne jeden Moment ausschlagen. Die Reitlehrerin schmunzelte nur: „Der ist so brav, den kannst du deinem Kind blind überlassen.“
Damals verstand ich das nicht. Heute schon.
Mit der Zeit wuchs nicht nur mein Wissen – sondern auch mein Zutrauen. Ich lernte, dass Pferde feine Antennen haben. Dass meine Nervosität sie ebenfalls nervös macht – und dass Ruhe ansteckend ist, in beide Richtungen.
Es gab Rückschläge: Ein plötzliches Wiehern direkt neben mir, ein Pony, das mir auf den Fuß trat. Aber es gab auch die ruhigen Momente: Das Schnauben, wenn ich vorsichtig mit der Bürste das Fell strich. Das zufriedene Kauen beim Ausmisten. Und das strahlende Gesicht meiner Tochter, wenn ich „ihr“ Pony lobte.
Fazit: Gemeinsam wachsen – mit Respekt und Liebe
Du musst kein Pferdefan werden, um dein pferdebegeistertes Kind zu begleiten. Aber du wirst vielleicht einer – ganz heimlich.
Meine Angst ist nicht komplett verschwunden. Ich habe weiterhin Respekt, besonders bei großen Tieren oder in neuen Situationen. Aber ich habe gelernt: Angst darf da sein, solange sie uns nicht daran hindert, unsere Kinder zu unterstützen.
Manchmal reicht es, sich einen Schritt näher an den Paddock zu wagen. Oder die Bürste in die Hand zu nehmen, auch wenn die Hufe bedrohlich nah wirken. Und oft hilft es, sich zu sagen: „Wenn mein Kind das kann, dann kann ich das auch.“
Denn genau das ist Elternsein doch auch – mitwachsen, über sich hinauswachsen. Nicht perfekt sein, aber präsent. Nicht alles wissen, aber da sein.
FAQ – Häufige Fragen von „Nicht-Pferdeeltern“
Ich habe wirklich Angst – sollte ich mein Kind trotzdem in den Stall begleiten?
Ja, wenn du dich dazu in der Lage fühlst. Dein Kind spürt deine Nähe – auch wenn du nicht direkt am Pferd stehst. Es hilft, gemeinsam zu lernen und zu wachsen.
Was kann ich tun, wenn das Pferd mir zu nahekommt?
Bleib ruhig, tritt einen Schritt zurück und bitte um Hilfe. Pferde spüren Unsicherheit – wenn du dich zurückziehst, reagieren sie meist gelassen.
Kann ich auch ohne Reiterfahrung mein Kind sinnvoll unterstützen?
Auf jeden Fall. Du musst kein Profi sein – Interesse, Geduld und Bereitschaft zum Dazulernen reichen völlig aus.
Wie lange dauert es, die Angst abzubauen?
Das ist sehr individuell. Bei mir hat es etwa ein Jahr gedauert, bis ich mich wirklich sicher fühlte. Jeder kleine Fortschritt zählt.
Gibt es spezielle Kurse oder Angebote für Eltern?
Viele Reitschulen bieten Eltern-Workshops oder „Pferde für Einsteiger“-Kurse an. Frag ruhig nach – oft sind diese Angebote nicht ausgeschrieben, aber möglich.
Zum Schluss: Vielleicht wirst du nie diejenige sein, die freiwillig mit ins Gelände reitet. Aber wenn du die Hand deiner Tochter hältst, während sie ihr erstes Turnier reitet – dann weißt du: Du bist genau da, wo du gebraucht wirst.